Integrale Planung mit Statik

Wie Architektur- und Tragwerksplanung enger zusammenrücken

Eine abgestimmte, integrale Planung bedeutet schon früh im Projekt hohe Planungs- und Kostensicherheit. Voraussetzung dafür ist, dass mit der Architektur und der Tragwerksplanung zwei zentrale Disziplinen idealerweise bereits ab der Vorentwurfsphase eines Bauprojekts eng zusammenarbeiten. Einen dafür notwendigen Softwareansatz bieten z. B. Graphisoft und Nemetschek Engineering. Die Unternehmen kooperieren, um den systemübergreifenden, fehlerfreien Datenaustausch mithilfe von Schnittstellen zwischen der BIM-Planungssoftware „Archicad“ und den Statikprogrammen von „SCIA Engineer“, „FRILO“ und „DC-Software“ zu optimieren.

Bauprojekte im In- und Ausland werden immer komplexer und teurer. Die Gründe dafür sind vielfältig: Die aktuelle Preisentwicklung bei Rohstoffen und Bauprodukten, die Energiekrise und stetig mehr Normen und Vorschriften, die das Planen und Bauen verkomplizieren und verteuern. Architektur- und Fachplanungsbüros sind daher an einer möglichst fehlerfreien sowie reibungslosen Zusammenarbeit interessiert. Denn die Tragwerksplanung bestimmt viele konstruktive und gestalterische Details im Entwurf des Architekturbüros. Ebenso kann eine umfassende Tragwerksplanung, die die Besonderheiten des Entwurfs berücksichtigt, ein Gewinn für Alle sein.

Gemeinsam das Projekt voranbringen

Eine effektive Zusammenarbeit zwischen Architekturbüro und eigenem Ingenieurbüro ist für Michael Eisfeld, Geschäftsführer von Eisfeld Ingenieure aus Kassel sowie Professor für Tragwerkslehre und CAD an der FH Bielefeld, eine wichtige Grundlage in allen Projekten. Bereits in dritter Generation führt er sein erfolgreiches Familienunternehmen, das an vier Standorten und mit über 70 Beschäftigten fest im Markt steht. Die Ingenieure, die in dem Ingenieurbüro für Tragwerksplanung und Bauüberwachung vielfältige Tragwerke berechnen, Schalpläne und Rohbaupläne erstellen, tragen wie er den Wunsch nach Zusammenarbeit und gemeinsamer Projektumsetzung in die Bauwelt hinaus. Doch dieser Wunsch ist längst nicht in allen Projekten gelebter Alltag. Noch immer gibt es Verständnisprobleme, die auf mangelnde und wenig substanzielle Kommunikation zwischen Architektur- und Tragwerksplanung zurückzuführen sind. Hier setzen digitale Planungswerkzeuge und BIM nun an: Eine modellbasierte Architekturplanung, die bereits wichtige Informationen über das Tragwerk enthält, vereinfacht das Verständnis bei Tragwerksplanern und allen anderen Fachingenieuren.

Effiziente Werkzeuge einsetzen

Der Schlüssel zu diesem Verständnis liegt in einer gemeinsamen Sprache und in gemeinsam genutzten Werkzeugen. Die Bandbreite der bei Eisfeld Ingenieure eingesetzten Software ist groß, was auch dem Spektrum der Bauwerkstypologien geschuldet ist: Kleine Werkhallen, Logistik- und Umschlagzentren oder Wohnbauprojekte mit mehreren hundert Wohnungen gehören ebenso dazu wie kleinere Brückenbauwerke. „Wenn wir in den frühen Leistungsphasen mit dem Architekturmodell arbeiten, ist das in ‚Archicad‘. In der Tragwerksplanung kommen dann häufig der ‚FRILO BIM-Connector‘ zum Einlesen des Architekturmodells in ‚FRILO‘ und das Gebäudemodell von ‚FRILO‘ zum Einsatz. Darüber hinaus planen wir die Tragstruktur mit unserer selbst entwickelten Software ‚ConED‘“, sagt Michael Eisfeld.

Die Fülle der eingesetzten Software macht deutlich, wie groß der Bedarf an ganzheitlichen Lösungen ist, die ein möglichst breites Aufgabenspektrum abbilden können. Und dass die technisch notwendigen Schnittstellen zwischen den einzelnen Lösungen möglichst verlustfrei funktionieren. Aus diesem Grund wurde die Nemetschek Engineering ins Leben gerufen, die als Markenverbund verschiedener Programmlösungen aus der Tragwerksplanung („FRILO“ und „SCIA Engineer“) sowie aus dem Grundbau („DC-Software“) Schnittstellen bereitstellt und somit eine durchgängige Gesamtlösung für alle statischen Berechnungen im Tragwerksplanungsbüro liefert. Ziel dieser integrierten Engineering-Lösung ist also, mithilfe von zuverlässigen Schnittstellen für die automatisierte Datenweitergabe redundante Prozesse und die Fehleranfälligkeit zu minimieren und dadurch die Produktivität zu erhöhen.

Nur noch ein gemeinsames Modell

Ein ähnliches Bild lässt sich bei den Spezialisten von Wendl ZT aus Graz in Österreich zeichnen. Auch ihre Projekte sind äußerst vielfältig: Generalplanung, Tragwerksplanung, Betonbau, Statik für Holz- und Stahlbau und auch Bauüberwachung wird für die Projekte umgesetzt. Die integrale Planungsarbeit erfolgt dabei überwiegend gemeinsam mit der Architekturplanung und in Teilbereichen mit der TGA-Fachplanung. „Im Zuge einer Projektabwicklung haben wir früher bis zu dreimal ein Gebäudemodell hochgezogen, was sehr aufwendig war. Um Massen und Mengen früh im Projekt zu haben, entwickelten wir das erste Modell oft schon mit dem Vorentwurf des Architekturbüros. Zeitgleich wurde ein zweites Modell im Statik-Programm realisiert, da eine Kommunikation zwischen den Programmen nicht verlustfrei und in geeigneter Form möglich war. Da neue Entwurfsansätze und konstruktive Anpassungen im Projektverlauf wesentliche Veränderungen bedeuten, war später ein drittes Modell für die Erstellung der Leistungsverzeichnisse und für die Schalungs- und Bewehrungsplanung erforderlich“, erinnert sich Manuel Schoppler, seit über zehn Jahren bei Wendl ZT angestellt und u. a. als BIM-Manager tätig.

Seit 2020 setzt Wendl ZT „Archicad“ als Ergänzung zur Statiksoftware ein, um bereits im Vorentwurf wichtige Parameter für Statik und Tragwerk festlegen zu können. Das mache die mehrmalige Neumodellierung hinfällig, erklärt der Ingenieur. Im Gegensatz zu früher leiten sich die Planer nun aus dem Architekturmodell ein Tragwerksanalysemodell ab, das sie in ihrer Statiksoftware nutzen. Die für die Statik relevanten Bauteile sind im Architekturmodell bereits enthalten und werden mit einfachen Regeln so angepasst, dass das Analysemodell direkt verwendbar ist. Das Ergebnis wird via SAF in die jeweils sinnvolle Statiksoftware übertragen. Bei Wendl ZT sind dies abhängig vom Anwendungsfall „SCIA Engineer“ oder „FRILO“. Auf Grundlage des Analysemodells aus „Archicad“ wird daraus das Statikmodell mit allen notwendigen Kenngrößen weiterentwickelt. Es ist die Basis für den folgenden und einmaligen Austausch zwischen Architekturplanung und Tragwerksplanung.

Spürbare Zeitersparnis

Der konsequente Einsatz des Tragwerksanalysemodells bei Wendl ZT hat in den vergangenen Projekten zu einer spürbaren Zeitersparnis geführt. „Bei gleichem Bauvolumen und ähnlicher Komplexität hat sich der Arbeitsaufwand für ein Projekt, für das wir in der Vergangenheit etwa drei Monate gebraucht haben, um ein berechnungsfähiges Modell in der Statiksoftware zu entwickeln, auf drei Wochen reduziert. Die Modelle werden von Manuel Schoppler heute in Archicad vorbereitet und an der Schnittstelle an von „SCIA“ oder „FRILO“ für die Berechnung übergeben“, erklärt Tragwerksplaner Peter Adanic.

Zusammenarbeit der Werkzeuge optimieren

Die Fülle an unterschiedlichen Softwarelösungen und die vielfältigen Prozesse, die sowohl von Eisfeld Ingenieure als auch von Wendl ZT eingesetzt und angewendet werden, machen deutlich: Der Optimierungsbedarf im Zusammenspiel der eingesetzten Werkzeuge ist groß. Konsistente Daten zu erhalten und geeignete Werkzeuge möglichst eng miteinander zu verknüpfen, muss ein wichtiges Ziel für die kommenden Jahre sein. Graphisoft und die Nemetschek Engineering wollen mit der Verknüpfung von „Archicad“, „FRILO“, „SCIA“ und „DC-Software“ einen entscheidenden Schritt in diese Richtung machen.

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