Deutscher Vize–Europameister „Digital Construction“ bei Berufe-EM EuroSkills
20.09.2023
Links Vize–Europameister Julian Lühe, rechts Bundestrainer Dill Khan.
Bild: Dill Khan
Die EuroSkills in Danzig fanden Anfang September auf fachlich höchstem Niveau statt und verlangten den 576 Wettkampfteilnehmern aus 32 europäischen Nationen alles ab. Die Europameisterschaft der Berufe fand erstmals in Polen statt und setzte damit gleichzeitig ein starkes Zeichen für den europäischen Frieden. Die Deutsche Berufe-Nationalmannschaft holte in Danzig 5x Gold, 9x Silber, 1x Bronze und 8x Exzellenzmedaillen. Damit hat das Team Germany sein bestes deutsches Ergebnis bei einer Europameisterschaft erreicht und stellt das hohe Niveau der beruflichen Bildung in Deutschland unter Beweis.
Unter den Siegern ist auch Julian Lühe aus Hessen (Stockstadt am Rhein), der Vize-Europameister in der Wettbewerbsdisziplin „Digital Construction“ geworden ist. Er studiert an der Hochschule Darmstadt Bauingenieurwesen. „Ich bin stolz darauf, den zweiten Platz erreicht zu haben und mich im Wettbewerb mit anderen Teilnehmern und Teilnehmerinnen aus den verschiedenen Nationen gemessen zu haben. Die Silbermedaille zeigt das hohe Niveau der Aus- und Weiterbildung, die wir genießen durften“, sagt Julian Lühe.
Die Teilnehmer haben drei Tage lang verschiedene Aufgaben aus dem Bereich der Baudigitalisierung bewältigt.
Bild: Dill Khan
Die Teilnehmer haben drei Tage lang verschiedene Aufgaben aus dem Bereich der Baudigitalisierung bewältigt. Wesentliche Inhalte des Wettbewerbs sind das Interpretieren eines Kundenauftrages, das Modellieren und die Koordination von Modellen, modellbasiertes Kosten- und Zeitmanagement sowie digitales Baustellenmanagement in Theorie und Praxis. Der Wettbewerb wurde entwickelt, um die praktischen Fähigkeiten zur Verbesserung des Prozesses der Bereitstellung und des Betriebs der gebauten Umwelt widerzuspiegeln. Bei der Erarbeitung des geforderten Modells müssen die Teilnehmer ausgehend von den Autodesk „Revit“-DACH-Vorlagen Struktur- und Architekturmodelle bis zur 5D-Anwendung erstellen, die BIM-Standards der EN ISO 19650-1 und 19650-2 vollständig verstehen und ihr Wissen sowie ihre Fähigkeiten in verschiedenen Situationen praktisch anwenden können.
Digitalisierung im Bauwesen fordert ein Weiterdenken in der Ausbildung
„Unser Anliegen ist es, die Teilnehmenden auf die Herausforderung der Digitalisierung im Bauwesen, auf den verantwortungsvollen Umgang mit der digitalen Transformation und auf die sich verändernden Rollen der Akteure am Bau vorzubereiten“, erklärt Dill Khan, Bundestrainer in der Wettkampfdisziplin „Digital Construction“ und BIM Consultant. „Der Begriff Corporate Social Responsibility (CSR) prägt seit Jahren die Wirtschaft. Deshalb haben wir auch soziale, gesellschaftliche und ökologische Themen in Bezug auf die Digitalisierung im Bauwesen diskutiert, um den Horizont der Teilnehmenden über die Anwendung von Programmen hinaus zu erweitern.“ Dabei wurde auch die Weiterentwicklung von CSR zu Corporate Digital Responsibility (CDR) verdeutlicht, um den Teilnehmenden ein Bewusstsein dafür zu vermitteln, dass eine stetige Weiterbildung aufgrund sich schnell verändernder Berufsbilder, der verantwortungsvolle Umgang mit KI und der Klimawandel samt Reduktion des CO₂-Ausstoßes notwendig sind. „Die Bauindustrie gilt als ein Motor der deutschen Volkswirtschaft und damit das so bleibt, muss sich auch die junge Generation all den genannten Herausforderungen stellen“, betonte Khan.
Wettkampfteilnehmende, Bundestrainer*innen und Delegierte: Die Deutsche Berufe-Nationalmannschaft aus rund 70 Personen bei der Eröffnung der EuroSkills Danzig 2023.
Bild: WorldSkills Germany / Frank Erpinar
Die ersten Konzepte des Building Information Modeling (BIM) wurden in den 1970ern veröffentlicht. In den 90er-Jahren hat das Computer Aided Design (CAD) die technischen Handzeichnungen mit Tuschestift dann in kürzester Zeit ersetzt. Heute führen die Künstliche Intelligenz, das generative Design, das parametrische Entwerfen und das digitale Konstruieren zu grundlegenden Veränderungen der Planungsprozesse und Planungsschnittstellen. Prozessketten vom Entwurf über die Ausführung bis zur Nutzung oder gar dem Rückbau eines Gebäudes ändern sich. Die digitale Transformation des Bauwesens beeinflusst aber auch die Rollen von Bauherren, Planern, Architekten, Ingenieuren, Statikern und Gutachtern sowie die Gebäudeautomation und technische Gebäudeausstattung (z. B. Heizung, Kältetechnik, Sanitär, Lüftung, Licht) an sich.
„Die Berufsschulen, die Hochschulen und die Universitäten stehen in der Pflicht, auf diese Veränderungen vorausschauend durch das Entwickeln neuer Denkweisen in der beruflichen und akademischen Bildung zu antworten, um die Konkurrenzfähigkeit der Jugend zu gewährleisten“, fordert Khan. „Hierfür müssen die junge und die alte Generation der Lehrenden Hand in Hand arbeiten. Wir müssen reden, ausprobieren und uns vorurteilsfrei den digitalen Themen annehmen.“