„BIM macht Projekte berechenbarer"
35-jähriges Jubiläum der Softtech AGVorstandsmitglied Solveig Heimlich, die Tochter des Firmengründers, und ihr Mann Christoph Heimlich, Geschäftsführer der Softtech consenso GmbH, sprechen über die Bedeutung von BIM und über Neues und Bewährtes im Unternehmen.
Solveig Heimlich und Christoph Heimlich, das neue Führungsduo bei der Softtech AG
Bild: Softtech AG
BIM (Building Information Modeling) war schon bei der Feier zum 30-jährigen Jubiläum ein großes Thema. Wie sieht es heute aus?
Solveig Heimlich: BIM beschäftigt uns schon seit den frühen 90er Jahren. Damals nannten wir es noch BIN (Building Information Network). Es beschrieb die Möglichkeit, Informationen wie Materialbeschaffenheit, Brandschutzklasse oder Kostengruppen an ein grafisches Element zu hängen. Das funktionierte mit unserer CAD-Software „Spirit“. Mitte der 90er kam „Avanti“ für die Ausschreibung, Vergabe und Abrechnung (AVA) hinzu. Zwischen den beiden Lösungen programmierten wir eine direkte Schnittstelle und so entstand unser Slogan „Design trifft Kalkulation“. Seitdem haben wir weitere Produkte in den deutschen Markt eingeführt, zum Beispiel „SketchUp“, „scaffmax“ und Projektmanagement-Software. Bis heute ist es unser Anspruch, den Datenaustausch zwischen eigenen und Fremdprodukten möglichst umfassend und reibungslos zu gestalten. Das ist für uns die ideale Umsetzung der BIM-Methode in der heutigen Zeit.
Ist die Baubranche heute BIM-fähig?
Christoph Heimlich: Ja und nein. In größeren Architektur- und Ingenieurbüros hat die Methode sicherlich Einzug gehalten. Hier werden alle Projekte durchgehend digitalisiert und Informationen bleiben vom Entwurf bis zur Gebäudeinstandhaltung verfügbar. Das Gros in Deutschland sind jedoch mittelständische Unternehmen und hier steckt BIM oft noch in den Anfängen. Auch für sie wird es zukünftig wichtig sein, effizienter mit anderen in Bauprojekten zusammenzuarbeiten. Voraussetzung dafür ist, dass Softwarelösungen verschiedener Hersteller miteinander kommunizieren können.
Liegt die Herausforderung also in „open BIM“?
Solveig Heimlich: Herstellerunabhängige Schnittstellen, wie das IFC-Format, sind heute und in Zukunft sehr wichtig. Unser Entwickler-Team hier in Neustadt legt daher sehr viel Wert darauf, diese und andere Schnittstellen kontinuierlich zu verbessern. „ArchiCAD“ und „Avanti“ sind hier ein gutes Beispiel. Wir entwickeln aber auch direkte Schnittstellen, zum Beispiel für Revit. Grundsätzlich sind unsere Produkte mit fast allen Lösungen auf dem Markt kompatibel.
Was sind die Hauptargumente, warum ein mittelständisches Unternehmen in der Baubranche BIM-fähig sein sollte?
Solveig Heimlich: Es ist zukunftsfähiger, insbesondere wenn es um Wettbewerbe und öffentliche Ausschreibungen geht. Und BIM macht die Projekte berechenbarer. Denn Kosten lassen sich bereits früh kalkulieren, wenn man sich anfangs schon Gedanken darüber macht, welche Bauteile konkret zum Einsatz kommen. Außerdem erspart die BIM-Methode gegen Ende Diskussionen zwischen Auftraggebern und -nehmern, weil die Kommunikationswege ebenso wie die Entstehung der Kosten immer nachvollziehbar und transparent sind.
Was sollte ein Unternehmen beachten, das BIM machen möchte?
Christoph Heimlich: Auch hier gibt es keine pauschale Antwort. Deshalb bieten wir auch BIM-Consulting an und schauen uns gemeinsam mit den Kunden an, was bereits an Software da ist und was wirklich gebraucht wird, um die eigenen Prozesse abzubilden. Da unsere Kolleginnen und Kollegen vom Fach sind, kennen sie die Abläufe in den Büros. Sie können unabhängig davon, welche CAD- und AVA-Lösungen vorhanden sind, individuell beraten. Zuallererst ist BIM aber eine Entscheidung, die von den Menschen abhängt. Ein Büro muss sich ganz bewusst dafür entscheiden, nach der BIM-Methode arbeiten zu wollen, Zeit und Geld zu investieren und die Mitarbeiter dahingehend schulen zu lassen. Dann wird BIM auch ein Erfolg!
Wie schätzen Sie das Thema Digitalisierung im Handwerk ein?
Christoph Heimlich: Das Handwerk ist ein wichtiger Bestandteil der Baubranche und gerade hier ist die Digitalisierung noch nicht weit vorangeschritten. Deshalb setzen wir momentan auch viel Energie in die Entwicklung entsprechender Produkte. Wir machen das auf Basis webbasierter Technologien, was für uns vor ein paar Jahren auch Neuland war. Als Unternehmen reagieren wir damit auf die Anforderungen des Marktes, dass Informationen zu Projekten auch mobil auf Tablet oder Handy immer verfügbar sein müssen. Unsere neueste Entwicklung, „scaffmax®Netzwerk“, ist daher eine webbasierte Lösung, bei der Gerüstbauer immer und von überall auf ihre gesamten Daten zugreifen können. Alle Informationen aus der Planung, Kalkulation oder auch Zeiterfassung laufen hier zusammen, werden ausgewertet und weiterverwendet. Diese Lösung ist in Zukunft problemlos adaptierbar für andere Handwerksbereiche. Außerdem schließt sich auch wieder der Kreis zur Schnittstelle zwischen Grafik und Kalkulation, denn die Informationen aus der Planung sind Grundlage für alle weiteren Prozesse. Und die Lösung ist offen für externe Software, weil sich deren Daten importieren, verarbeiten und exportieren lassen.
Software ist heutzutage sehr vielseitig und für verschiedene Zwecke verwendbar. Brauchen die Anwender so viele Möglichkeiten?
Solveig Heimlich: Wir als Hersteller sind selbstverständlich bemüht, allen Anforderungen gerecht zu werden und ein breites Portfolio anzubieten. Wir sehen aber auch ganz klar den Trend dahin, Software als einen Service (SaaS) anzubieten. Das heißt zum Beispiel bei unserem neuen Programm, dass es modular aufgebaut ist. Im Prinzip ist es erst einmal eine Datensammlung und Gerüstbauer können Kalkulation, Kundenmanagement oder auch die CAD-Software dazubuchen. Sie zahlen nur für das, was sie wirklich brauchen und nutzen.
Mit Ihnen beiden findet gerade ein Generationswechsel im Unternehmen statt. Was wollen Sie verändern?
Solveig Heimlich: Die Veränderungen begannen bereits vor ziemlich genau drei Jahren, als wir in unsere Räumlichkeiten in die Lindenstraße in Neustadt gezogen sind. Wir haben den Umzug genutzt, um Grundlegendes an unserer Arbeitsweise zu ändern, frischen Wind reinzubringen. Mobiles und flexibles Arbeiten war damals schon erwünscht und wir haben alle Mitarbeitenden mit entsprechendem technischen Equipment ausgestattet. Als dann der Lockdown kam, konnten wir sofort alle im Homeoffice weiterarbeiten. Das vergangene Jahr hat uns gezeigt, dass es nicht wichtig ist, von welchem Ort die Expertise in unser Team kommt, sondern dass die Zusammenarbeit unter uns allen reibungslos funktioniert. Das größte Projekt ist, unsere Software zukunftsfähig zu entwickeln, indem wir auf neue Technologien setzen. Mein Vater, Dieter J. Heimlich, hat uns in den letzten drei Jahren immer beratend zur Seite gestanden und wird das auch in Zukunft als Vorstandsmitglied der Softtech AG tun. Heute fokussiert er sich ausschließlich auf die Software-Entwicklung und gibt sein Know-how weiter.
Christoph Heimlich: Neben aller Veränderung wollen wir auch die Werte des Unternehmens wahren. Das ist zum einen die Ehrlichkeit gegenüber unserem Team und unseren Kunden. Und zum anderen die Neugier, Themen und Herausforderungen aufzuspüren, die unsere Kunden beschäftigen und dafür Lösungen anbieten. Als Team haben wir zum Ziel, auch die nächsten 35 Jahre in der Bausoftware-Branche mitzugestalten!