Ganzheitliche Prozesse in Planung und Bauausführung

Von Papier zu digitalen Lösungen

Die Architekten- und Planerschaft setzt seit Jahren digitale Werkzeuge für Entwurf, Planung, Ausschreibung und das Projektmanagement. Fachübergreifende Zusammenarbeit und integrale Planung sind aufgrund koordinierter BIM-Planungen weitgehend digitalisiert, auch wenn nicht alle Projektbeteiligten mit dem BIM-Prozess vertraut sind. Zudem gibt es viele zeitaufwändige und vor allem repetitive Aufgaben in nahezu jedem Bauprojekt, die digitalisiert und optimiert werden können.

Mit den passenden Werkzeugen kann es gelingen, technische Hemmschwellen abzubauen und digitale Hürden zu meistern. Diese Ziele zu erreichen ist eine Herausforderung für Softwareanbieter und Ingenieure bzw. Planer – insbesondere vor dem Hintergrund des aktuellen Fachkräftemangels und gleichzeitig steigender Baukosten, die die gesamte Baubranche betreffen. Damit die Gesamtqualität auch in der Zukunft weiterhin stimmt, werden optimierte Prozesse, möglichst durchgängig digital und zuverlässig korrekt, immer wichtiger.

Das ist, stark verkürzt, der ‚Status quo‘ im Planungssektor. Für diesen suchen sowohl gestandene Softwareanbieter als auch digitale Start-Ups intensiv nach Lösungen. Doch wie sieht es auf der Baustelle mit der Zusammenarbeit zwischen Architektur- und Fachplanung und den ausführenden Bauunternehmen oder den Fachhandwerksbetrieben aus? Kommen hier bereits digitale Planungswerkzeuge zum Einsatz, insbesondere Software für die Qualitätskontrolle und Revision in der Bauausführung? Und sind die Projektbeteiligten überhaupt schon in der Lage, umfassend digital zu agieren oder zu reagieren? Zwei aktuelle Branchenbefragungen widmen sich u. a. diesen Punkten.

Durchaus digital – aber längst nicht in allen Bereichen

Eine Umfrage der Heinze Marktforschung aus dem Frühjahr 2023 unter 700 Fachhandwerkern aus 14 Gewerken zeigt, dass viele von ihnen mobile Endgeräte nutzen, um bspw. Produkte und Lösungen zu präsentieren, Lagerbestände zu prüfen oder die firmeneigenen Social-Media-Kanäle zu bespielen. Auch Videokonferenzen sind mittlerweile Standard in Baubuden oder Werkstattbüros. Der Einsatz von Tablets auf der Baustelle nimmt ebenso zu, eigene Apps werden verbreitet, etc. Die Ergebnisse der Umfrage zeigen also, dass es eine wachsende Affinität für den Einsatz digitaler Werkzeuge im Baualltag gibt. Der Weg zu einer koordinierten und integralen Zusammenarbeit von Planung und Bauausführung ist damit aber noch nicht einmal ansatzweise beschritten.

Noch tiefgehender analysiert eine Umfrage im Auftrag des Digitalverbands Bitkom und des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH) aus dem Jahr 2022 die Bauausführung („onsite“ und mit digitalen Werkzeugen). Hierfür wurden mehr als 500 Unternehmen befragt. Über zwei Drittel der Befragten gaben an, bereits digitale Technologien und Anwendungen bei der Arbeit zu nutzen. Insgesamt 55 % erkennen, dass die voranschreitende Digitalisierung die Existenz ihres Unternehmens sichert. Betrachtet man den konkreten Technologieeinsatz, sind es vor allem Cloud Computing (45 %) sowie Tracking-Systeme für den Einsatz von Maschinen oder Betriebsmitteln (15 %). Hinzu kommen der Aufbau eigener Social-Media-Auftritte (40 %), Firmenwebseiten (97 %) und die Nutzung von Microsoft Teams, Skype oder anderen Meeting-Tools (42 %). Diese Umfrageergebnisse lassen erahnen, wie tief die Baubranche aktuell im digitalen Umbruch steckt. Sie steht heute an jener Schwelle, die andere Industriezweige (z. B. die Zulieferindustrie für den Maschinen- und Fahrzeugbau) schon vor zehn oder sogar 15 Jahren überschritten haben. Die Ausgangslage ist jedoch besser als damals, da heute im Bauwesen per BIM, KI & Co. eine Vielzahl effizienter Werkzeuge zur Prozessoptimierung in Bauplanung und Bauausführung zur Verfügung stehen.

Standards für Architekten und Planer

Der professionelle Einsatz von BIM-Autorenwerkzeugen oder TGA-Software, z. B. von Allplan, Vectorworks oder Graphisoft, ist Standard in den Architektur- und Planungsbüros. Dort erschließt sich der Nutzen der im Lizenz- oder Subskriptionsmodell erhältlichen Programme sofort: Sowohl die eigenen Prozesse im Büro und ebenso die integrale Zusammenarbeit mit den Planungsbeteiligten (insbesondere den Fachplanungen) lassen sich effizient und aufgrund übergreifender Datenformate wie BCF, GAEB oder IFC koordiniert abbilden. Anders stellt sich die Zusammenarbeit von Bauunternehmen und Planung oder Fachhandwerk und Planung dar. Hier werden die Potenziale der oben genannten BIM-Werkzeuge nicht oder nur sehr rudimentär genutzt und benötigt. Das Vorhalten von Lizenzen oder das Mieten von professionellen BIM-Planungs­programmen binden außerdem Liquidität, die dem Unternehmen kurzfristig nicht mehr zur Verfügung steht.

Analoge Prozesse niederschwellig digitalisieren

Es gibt eine Reihe teils kostenloser Model-Viewer wie Graphisofts „BIMx“ oder Solibris „Anywhere“, die aufgrund ihrer einfachen Bedienung, Visualisierungsqualität sowie AR- und VR-Tauglichkeit sehr beliebt sind. Daneben stehen effiziente Lösungen zur Verfügung, die den professionellen, systemübergreifenden Austausch auf Basis von 2D- oder 2D+ Daten unterstützen. Vereinfacht ausgedrückt finden hier ‚aufgeschlaute‘ PDF-Dateien Verwendung, die um Revisions- und Korrekturinformationen, Hinweise sowie Kommentare ergänzt und anschließend wieder an die Fachplanungen oder ins Planungsteam im Architekturbüro zurückgespielt werden.

In der Bauphase werden an Rohbauwände gepinnte Papierpläne noch einige Jahre bestehen bleiben. Im Baustellenalltag, bei der Bauleitung oder für die ausführenden Gewerke vor Ort sind 2D-basierte PDF-Plandateien eine sinnvolle Ergänzung. Der Informationsgehalt ist größer und sie sind exakter als ausgedruckte Papierpläne. Händische Anmerkungen, Fotos oder Skizzen lassen sich digital in die Datei einbinden oder Kommentare je nach Lösung in Echtzeit teilen und Problempunkte dokumentieren. 2D-Dateien können keine 3D-IFC-Modelle mit attribuierten Bauteilen ersetzen. Aber sie lassen sich intelligent in modellbasierte Planungen einbinden. Ihr Einsatz ist damit eine wichtige Brückentechnologie auf dem Weg zu einer durchgängig modellbasierten Projektplanung und -realisierung.

Beispiel einer verlustfreien Kollaboration

Für eine möglichst effiziente und verlustarme Zusammenarbeit an digitalen Bauplänen sind nun zwei Unternehmen der Nemetschek Group enger zusammengerückt. Graphisoft und Bluebeam haben einen gemeinsamen Workflow entwickelt und vorgestellt, der die Kollaboration zwischen den Planungs- und Baubeteiligten erleichtern soll. Miteinander verknüpft sind hierfür Graphisofts BIM-Planungssoftware „Archicad“ und Bluebeam Werkzeuge zum ortsunabhängigen Austausch, zur Verwaltung, Markierung und Bearbeitung von Projektdateien auf PDF-Basis.

Ziel und Nutzen: Aus einer modellbasierten 3D-Planung in „Archicad“ generiert das leitende Architekturbüro die notwendigen 2D-Plansätze für die Baustelle. Anders als bisher müssen die Pläne jedoch nicht jedes Mal ausgeplottet, auf Papier kopiert und alle Änderungen während der Bauphase, Problempunkte oder Besonderheiten vor Ort und händisch von der Bauleitung oder den Fachunternehmen analog eingetragen werden. All das geschieht nur, um anschließend alle Punkte zur korrekten Bearbeitung und Nachführung in der BIM-Planung erneut von Hand in das Bauwerksmodell zu übertragen.

Dieses zeitaufwändige Vorgehen ersetzt ein durchgängig digitaler „Archicad Bluebeam Workflow“ in der Software „Revu“: Die Verbindung über eine bidirektionale Schnittstelle zwischen den beiden Programmen ermöglicht es Planern, alle in „Revu“ eingetragenen Änderungen als referenzierte Issues direkt in „Archicad“ einzuspielen und den Feedbackprozess oder die Abarbeitung von Problempunkten zügig sowie verlustfrei umzusetzen. Sowohl einfache Entwurfsideen, wie umfassende Teilmodelle der Fachplanungen oder das Architekturmodell, können dabei mithilfe der Bluebeam-PDF-Dateien markiert, kommentiert und diskutiert werden. Zentrale Plattform hierfür ist Graphisofts „BIMcloud“, welche einen schnellen Informationsaustausch ermöglicht.

Flexibler, individueller Workflow

Die Zusammenarbeit in dem abgestimmten Prozess erstreckt sich aber nicht allein auf den Austausch zwischen Bauleitung und Architekturbüro, sondern lässt sich ebenso für das Zusammenspiel mit anderen Planungs- und Baubeteiligten nutzen. Der Workflow ist adaptierbar auf die Kollaboration mit der Fachplanung Gebäudetechnik, der Konstruktionsplanung (z. B. im Stahlbau) und für die Zusammenarbeit mit den vielfältigen ausführenden Gewerken in der Bauphase. Die intuitiv bedienbare Programmoberfläche und eine hohe individuelle Anpassbarkeit des integrierten Werkzeugkastens von Bluebeams Software sollen einen flexiblen Einsatz im Büro und mit mobilen Endgeräten wie Smartphone, Tablet oder dem Laptop auf der Baustelle ermöglichen – über 3 Mio. „Revu“-Nutzer weltweit gibt es bereits.

Der beispielhaft vorgestellte Prozess zwischen Graphisoft „Archicad“ und Bluebeam „Revu“ bedingt eine schnelle und eindeutige Identifizierung, Bearbeitung und Lösung von Problempunkten in der Planung und Ausführung – und zwar für verschiedene Projektbeteiligte. Ein weiterer Vorteil ist, dass für die Kommunikation über die „Archicad Bluebeam Connection“ ein technischer Hintergrund, Projekt- oder Softwarekenntnisse nicht notwendig sind. Damit soll der Informationsaustausch im Projektverlauf erheblich vereinfacht werden. Der „Archicad Bluebeam Workflow“ soll bewirken, dass eine einfache Lösung für eine qualitativ hochwertige und vor allem effiziente interdisziplinäre Zusammenarbeit zur Verfügung steht. Wie gut sich dieser übergreifende Arbeitsprozess in der Realität bewährt, wird die Zukunft zeigen. Unbestritten ist aber schon jetzt: Die clevere Kooperation von Softwareunternehmen und -programmen hilft dabei, Hemmschwellen beim Einsatz digitaler Werkzeuge abzubauen und analoge, fehler­behaftete Prozesse neu zu denken und digital sowie effizienter zu gestalten.

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