Ohne Know-how kein BIM

Ausbildung, Fortbildung, Qualifikation

Building Information Modeling (BIM) ist im Baubereich angekommen – doch es fehlt an Fachkräften. BIM-Schulungsanbieter haben deshalb Hochkonjunktur. Welche Kriterien und Inhalte sind bei der BIM-Ausbildung wichtig, wer bietet sie an und was kostet sie?

Wer BIM-Fachkräfte sucht, wird kaum welche finden, denn erfahrene BIM-Experten sind rar, fest angestellt und gut bezahlt. Hochschulabgängern mit BIM-Know-how fehlt es an praktischer Erfahrung. Die BIM-Planungsmethode muss deshalb in den Büros meist neu erlernt werden – im Selbststudium mit Hilfe von Fachliteratur (siehe Anlage), über Webinare oder im Rahmen von BIM-Kursen, Seminaren und Workshops. Obwohl sich das Angebot inzwischen sehen lassen kann, ist die Qualität sehr unterschiedlich. BIM-Fachpersonal bilden vor allem große Unternehmen deshalb selbst aus, indem sie ausgewählte Mitarbeiter mit praktischer Erfahrung und Affinität zu IT-Werkzeugen intern schulen.

Was sollten BIM-Kurse vermitteln?

BIM-Schulungsinhalte müssen vielschichtig sein. Neben Modellierungsregeln, der Verwendung von BIM-Objekten oder die Auswertung von Bauteilattributen, müssen BIM-Konstrukteure auch die modellbasierte Qualitätsprüfung und Koordination sowie den IFC-Modellaustausch beherrschen, denn BIM ist mehr als nur 3D-Modellierung. BIM ist vor allem eine Managementaufgabe. Reine Softwareschulungen befähigen lediglich für Little-BIM-Anwendungen, wenn nicht zugleich Know-how zur interdisziplinären Zusammenarbeit vermittelt wird. Derzeit gibt es keine verbindlichen Richtlinien, die Ausbildungsinhalte und Qualitätsstandards definieren. Zwar wird im Rahmen der vom Verein Deutscher Ingenieure e.V. (VDI) in Zusammenarbeit mit der buildingSMART Deutschland e.V. erstellten BIM-Richtlinienreihe VDI 2552, Blatt 8 „Building Information Modeling – Qualifikationen“ an einem Ausbildungsstandard gearbeitet. Bis ein Ausbildungsstandard, der neben Inhalten auch Qualitäten definiert, und Absolventen eine softwareübergreifende, interdisziplinäre Zusammenarbeit und Abstimmung im Sinne von Big BIM bzw. Open BIM ermöglicht, definiert ist, wird es noch eine Weile dauern. Lehrinhalte, die Informationstiefe und Dauer der Ausbildung werden derzeit folglich von den Anbietern bestimmt.

Da es in den Unternehmen, ebenso wie im BIM-Projektablauf, unterschiedliche Zuständigkeiten und Verantwortungsbereiche gibt, ist es sinnvoll, die Lehrinhalte an die verschiedenen Zielgruppen anzupassen. Deshalb sollte zwischen dem BIM-Konstrukteur, dem BIM-Koordinator und BIM-Manager unterschieden werden. Die Ausbildung zum BIM-Konstrukteur wird meist auch separat für Architekten, Gebäudetechniker, Tragwerks- oder andere Fachplaner angeboten. Darin werden Konzepte, Vorteile und Arbeitsweisen am konkreten BIM-Projekt vermittelt. Zu den Lehrinhalten gehören die gewerkspezifische Vorentwurf-, Entwurfs-, Ausführungs- und Detailplanung am BIM-Modell, Modellierungsregeln, die Verwendung und Erstellung von Vorlagen und Layouts, die Erstellung eigener Bibliotheken gemäß BIM-Richtlinien, der IFC-Modellaustausch sowie die Qualitätsprüfung und Koordination. Im Fokus der Ausbildung zum BIM-Koordinator steht dagegen der Austausch von Modellen und Informationen, damit Modelle von verschiedenen Softwareumgebungen koordiniert, ausgewertet und analysiert werden können. Die Teilnehmer lernen, was ein BIM-Koordinator tun muss, damit der interdisziplinäre Informationsaustausch möglichst reibungslos funktioniert. Eine BIM-Koordinator-Ausbildung sollte sich an den openBIM-Grundsätzen der buildingSMART orientierten. Zu den Lehrinhalten zählen der IFC- und BCF-Datenaustausch, die Qualitätsprüfung am IFC-Modell, das Erstellen von Prüfregeln, das Umsetzen der BIM-Richtlinien und des BIM-Execution-Plans, die Kollisionsprüfung über mehrere Gewerke, die Anwendung projektspezifischer Modellierungsregeln, die Verwendung von 3D-Modellinformationen, Raumbüchern oder Metadatenbanken etc. Zu den Zielen einer BIM-Manager-Schulung gehört die Vermittlung von Technologien, Projektanforderungen und Verantwortlichkeiten sowie von Grundsätzen für eine erfolgreiche BIM-Einführung. Die Teilnehmer lernen, welche organisatorischen und technischen Aufgaben ein BIM-Manager übernehmen muss, um BIM-Prozesse im Sinne des Unternehmens steuern und durchsetzen zu können. Zu den Lehrinhalten zählen das Erstellen von Standards, Vorlagen oder Bibliotheken, Dokumentationen, das BIM-Organisationsmanagement, der BIM-Workflow, BIM-Execution-Plan (Bestimmung von Projektzielen, Prozessdefinition, Technologiestrukturen, Verantwortungen und Qualitätsmanagement) sowie das BIM-Management (Rollen und Verantwortungen, BIM-Standards, Projektbegleitung und Datenmanagement). Wichtig bei allen Schulungen ist, dass immer wieder Praxisbezüge hergestellt werden und die Arbeitsabläufe einzelner Disziplinen auch im Kontext integraler Planungsszenarien beleuchtet werden.

Welche Ausbildungsangebote gibt es?

Wer BIM-Ausbildungsangebote sucht, findet sie vor allem bei Verbänden und Institutionen, wie der nationalen BIM-Initiative planen-bauen 4.0 oder dem Verein Deutscher Ingenieure (VDI), ferner bei Bausoftwareanbietern, BIM-Dienstleistern und an Hochschulen. Im Folgenden werden beispielhaft einige bundesweit angebotene BIM-Ausbildungsangebote vorgestellt (alle Preisangaben zuzüglich MwSt.).

Das Beratungsunternehmen DeuBIM bietet über die zugehörige Akademie ein interdisziplinäres Ausbildungsprogramm für Planer, Unternehmer und andere. Im Mittelpunkt stehen die Anwendung der BIM-Planungsmethode und die Fortbildung im BIM-Management. Das Lehrprogramm orientiert sich an Richtlinienkreisen von buildingSMART, VDI sowie Planen und Bauen 4.0 und ist softwareunabhängig. Seit Ende 2016 gibt es neue BIM-Basisanwenderkurse in Kooperation mit der TÜV SÜD Akademie, als erste Stufe der Ausbildung zum professionellen BIM-Anwender. Kosten: 2.295 € (www.tuev-sued.de/akademie-de/seminare-technik/gebaeudetechnik-1/bim).

Die Akademie der Ruhr-Universität Bochum (RUB) bietet in Zusammenarbeit mit planen-bauen 4.0 und Hochtief ViCon den BIM-Schulungs- und Zertifizierungskurs „BIM Professional“ an. Er vermittelt Kompetenzen in den Bereichen Technologie, Prozesse, Menschen und Richtlinien, um mit geeigneten Werkzeugen und Methoden Projekte mit BIM effizienter realisieren zu können. Die Schulung ist in sechs themenspezifische Module mit Praxisanteil gegliedert. Der Gesamtpreis für den Kurs beträgt 7.400 € (www.bim-professional.de).

In Deutschland, Österreich und in der Schweiz bietet Mensch und Maschine eine „BIM Ready“-Ausbildung zum BIM-Konstrukteur für ausführende Planer, Technische Zeichner und BIM-Einsteiger, zum BIM-Koordinator für leitende Mitarbeiter, Technische Projektleiter und BIM-Konstrukteure sowie zum BIM-Manager für Projektleiter, Geschäftsführer und BIM-Koordinatoren. Die Ausbildungsinhalte orientieren sich an den openBIM Grundsätzen der buildingSMART. Eingesetzt werden die Programme Autodesk-„Revit“, „Navisworks“, „Glue“ sowie „Solibri“ von Solibri Inc./Nemetschek. Die Kurskosten pro Person liegen zwischen 4.400 und 4.900 € (www.wirmachenbim.com/de/ausbildung).

Auch die österreichische Plandata bietet softwareübergreifende BIM-Schulungen an. Die Schulungen werden in Gruppen bis maximal acht Personen in Form von Praxisseminaren durchgeführt, die neben Software-Grundlagen auch BIM-Basiswissen vermittelt: von Modelliergrundlagen, Auswertungsmethoden und Modellprüfungen, über interdisziplinäre Methoden der modellbasierten Kommunikation, bis zur Übergabe an Simulationsprogramme. Auf der Wissensplattform bimpedia.eu sind neben den Kursterminen auch Anleitungen oder Video-Tutorials abrufbar, so dass Schulungen wiederholt und vertieft werden können. Die Kosten betragen pro Schulungstag zwischen 1.000 und 1.500 € (www.plandata.at).

An welchen Hochschulen wird BIM gelehrt?

An Hochschulen ist BIM schon seit geraumer Zeit im Rahmen von Vorlesungen, Workshops, Praxisübungen und Abschlussarbeiten ein Thema. Obwohl sich BIM praktisch auf alle Ausbildungsinhalte auswirkt, ist die neue Planungsmethode noch nicht auf breiter Basis in das Studium integriert. Häufig handelt es sich um ein an höhere Semester gerichtetes, singuläres Lehrangebot engagierter Professoren und Assistenten. Mit dem Ziel, einen Ausbildungsstandard zu definieren und das Lehrangebot qualitativ vergleichbar zu machen, haben die Mitglieder des Arbeitskreises für Bauinformatik an der RUB schon im April 2015 detaillierte Lehrinhalte zur Ausbildung von BIM-Kompetenzen definiert. Ziel einer universitären Ausbildung sollte demnach die Vermittlung von methodischen Kenntnissen sein, die Absolventen in die Lage versetzen sollen, BIM-Prozesse in Unternehmen und öffentlichen Institutionen einzuführen, zu gestalten, zu überwachen und weiterzuentwickeln (weitere Infos: http://www.gacce.de/bim.php).

An deutschen Hochschulen gibt es bereits zahlreiche BIM-Lehrangebote. So beschäftigt sich beispielsweise der Lehrstuhl Informatik im Bauwesen in Forschung und Lehre an der RUB schon seit über 15 Jahren mit der Entwicklung und Anwendung von BIM-Methoden. In diversen Bachelor- und Master-Semestern werden Grundlagen und spezielle Anwendungen des digitalen Planens und Bauens vermittelt. Das Institut für Datenbankorienitiertes Konstruieren (IDoK) der Jade-Hochschule hat sich zum Ziel gesetzt, die BIM-Prinzipien und Methoden auch in die Lehre einfliesen zu lassen. Aus diesem Grund wurde ein internes Projekt gestartet, um Bauinformationsmodelle in alle relevanten Module des Bachelorstudienganges einzubringen. Auch am Institut für numerische Methoden und Informatik im Bauwesen an der TU Darmstadt stehen die BIM-Modellierung und daran angegliederte Koordinations-, Analyse- und Berechnungsprozesse im Fokus der universitären Ausbildung. Am Lehrstuhl für Computergestützte Modellierung und Simulation der Technischen Universität München werden ebenfalls zahlreiche Bachelor- und Masterlehrgänge angeboten, die BIM und angrenzende Fachdisziplinen der Bauinformatik zum Inhalt haben.

Fazit: Große Nachfrage, fehlende Standards

BIM kann man nicht kaufen, BIM muss man erlernen. Auch wenn viele Bausoftware-Anbieter ihre Produkte inzwischen unter dem BIM-Label vermarkten – Building Information Modeling ist eine Planungsmethode, die vor allem Wissen, Know-how und Erfahrung voraussetzt. Doch eine gute Ausbildung dauert und kostet Geld. Ausbildungsstätten haben den Bedarf erkannt, aber auch Dienstleister versuchen, auf den fahrenden Zug aufzuspringen, indem sie die BIM-Ausbildung zum Geschäftsmodell machen. Da es derzeit keinen einheitlichen BIM-Ausbildungsstandard gibt, werden neben fachkompetenten, engagierten, an OpenBIM-, buildingSMART- und anderen Richtlinien orientierten Angeboten auch schlichte Closed BIM-Softwareschulungen mit teilweise fragwürdigen „BIM-Diplomen“ offeriert. An einer BIM-Ausbildung Interessierten fällt es deshalb momentan schwer, Ausbildungsangebote einzuschätzen und zu vergleichen. Solange sich kein verbindlicher Standard für die BIM-Ausbildung durchsetzt, wird sich an dieser Situation auch nichts ändern.

Tipp: „BIM-Leitfaden“ und „BIM-Kompendium“

Wer sich in BIM (vorab) einarbeiten möchte, findet inzwischen gute Literatur, die sich teilweise zum Selbststudium eignet (siehe Literaturliste). Allen voran ist der BIM-Leitfaden für Deutschland zu nennen [2]. Das Kompendium kann man sich unter der Adresse http://bit.ly/1tDYG5Y kostenlos herunterladen und es enthält vieles, was man rund um BIM wissen sollte. Detaillierte und illustrierte Informationen bietet die auch als Einstieg, zum Selbststudium, als Nachschlagewerk oder als Lehrbuch geeignete Publikation „BIM-Kompendium“ [5]. Die Autoren führen in die BIM-Planungsmethode ein, vermitteln BIM-Grundwissen und zeigen, wie eine BIM-Einführung gelingt.

Weitere Infos, Literatur und Quellen*

bimundumbimherum.wordpress.com BIM-Blog

www.bim-ag.com Netzwerk für BIM-Profis    

www.bim-events.de Seminare, Veranstaltungen

www.bim-me-up.com BIM-Blog

www.bimpedia.eu BIM-Wissensdatenbank

www.buildingsmart.de IFC/BIM-Anwendergruppe

www.buildingsmart.de/bim-regional BIM-Regionalgruppen

www.buildingsmart-tech.org BuildingSmart International

www.deubim.de BIM-Akademie etc.

www.gacce.de/bim.php BIM in der Lehre

www.hochtief-vicon.de BIM-Dienstleistungen

www.lynda.com Lernvideos, Suche: BIM

www.planen-bauen40.de Inititiative Planen Bauen

www.vdi.de/bim VDI-Koordinierungskreis BIM

www.vrame.com Schulung, Beratung etc.

www.youtube.de Kanal: "BIM for Beginners"


[1] Borrmann, A., König, M., Koch, C., Beetz, J. (Hrsg.): Building Information Modeling. Technologische Grundlagen und industrielle Praxis, VDI-Buch, Springer, Heidelberg 2015

[2] Egger, M., Hausknecht, K., Liebich, T./ Przybylo, J, Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR, Hrsg.): BIM-Leitfaden für Deutschland, Eigenverlag, Berlin 2014,

Download: http://bit.ly/1tDYG5Y

[3] Ernst & Sohn (Hrsg.): BIM - Building Information Modeling 2016, Wilhelm Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften, Berlin 2016

[4] Günthner, W./Borrmann, A.: Digitale Baustelle – innovativer planen, effizienter ausführen. Werkzeuge und Methoden für das 21. Jahrundert, Springer, Heidelberg 2011

[5] Hausknecht, K., Liebich, T.: BIM-Kompendium. Building Information Modeling als neue Planungsmethode, Fraunhofer IRB Verlag, Stuttgart 2016

[6] Przybylo, J., DIN e.V (Hrsg.): BIM - Einstieg kompakt: Die wichtigsten BIM-Prinzipien in Projekt und Unternehmen, Beuth, Berlin 2015


*Auswahl, ohne Anspruch auf Vollständigkeit


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