Quantencomputing für den täglichen Gebrauch erschließen
Wie sich die Möglichkeiten des Quantencomputings für betriebswirtschaftliche Zwecke nutzbar machen lassen, bspw. um Prozesse zu optimieren oder höchst genaue Prognosen zu erzielen, daran forscht die Datev eG im Projekt „Quantum-enabling Services und Tools für industrielle Anwendungen“ – kurz QuaST. Der IT-Dienstleister ist einer von sieben Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft, die im Rahmen des vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) geförderten Projekts daran arbeiten, dass perspektivisch auch kleine und mittlere Unternehmen möglichst einfach vom Quantencomputing profitieren können.
Im vergangenen Jahr wurde der Quantencomputer „IBM Quantum System One“ in Ehningen bei Stuttgart eingeweiht, der gemeinsam von IBM und der Fraunhofer-Gesellschaft betrieben wird
Foto: IBM Research
Ziel von QuaST ist es, die nötigen Software-Werkzeuge und Dienstleistungen bereitzustellen, um Anwendungen über Quantencomputer-Technologie zu beschleunigen, zu optimieren oder völlig neu zu konzipieren. Auf diesem Weg gibt es viel zu tun. In den Teilprojekten, die das Unternehmen bearbeitet, gilt es bspw. konkrete betriebswirtschaftliche Anwendungsfälle zu definieren, Quantenalgorithmen für betriebswirtschaftliche Prognosen zu entwerfen und ein Quantencomputing-Ökosystem zu konzipieren. Voraussetzung dafür ist die Erstellung von Entwicklungswerkzeugen und Anwendungsbibliotheken. Diese übersetzen dann die Anforderungen von Anwendern für den Quantencomputer. Problemstellungen könnten damit also in der gewohnten Programmiersprache formuliert werden, was die Zugangshürden zur Nutzung der neuen Technologie senkt.
Der „IBM Quantum System One“ ist der bisher leistungsstärkste Quantencomputer in Europa, an dem Industrie und Forschungsorganisationen jetzt unter deutschem Recht anwendungsbezogene Quantensoftware entwickeln, testen und ihre Kompetenzen ausbauen können
Foto: IBM
Das Projekt „QuaST“ ist auf drei Jahre angelegt und wird vom Bund mit 5,5 Millionen Euro gefördert. Es zählt als ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg, Deutschland an die Spitze der Quantencomputing-Forschung zu führen. Neben Datev beteiligen sich unter Projektleitung des Fraunhofer-Instituts für Kognitive Systeme IKS auch die Fraunhofer-Institute für Angewandte und Integrierte Sicherheit AISEC, für Integrierte Schaltungen IIS und für Integrierte Systeme und Bauelementetechnologie IISB an QuaST. Die weiteren Projektpartner sind die TU München, das Leibniz Rechenzentrum sowie die Unternehmen IQM, ParityQC und Infineon.
Das Potenzial von Quantencomputing
Während klassische Computer auf Basis von zwei Zuständen – Eins und Null – arbeiten, setzen sich Quantencomputer über diese Einschränkung hinweg und bieten die Möglichkeit, gleichzeitig mehrere Zustände zu beschreiben. Es steht also deutlich mehr Rechenleistung zur Verfügung, die gleichzeitig flexibler einsetzbar ist und sich ändernde Parameter schneller berücksichtigen kann. Dadurch entsteht ein breites Feld völlig neuer Ansätze, etwa für Logistik und Lieferketten, Personalplanung, Navigation, die Entwicklung pharmazeutischer Produkte über multidimensionale Simulationsmodelle oder eben auch Beratungsleistungen und betriebswirtschaftliche Prognosen. Teil des Projekts ist, zunächst grundsätzlich zu untersuchen, wie Quantencomputing bei Wirtschaftsunternehmen sinnvoll eingesetzt werden kann und welche Leistungsfähigkeit dabei zu erwarten ist. Gerade bei komplexen Anwendungsproblemen verspricht die Technologie hohe Effizienzgewinne. Im Vergleich mit dem bisherigen Computing hat sie das Potenzial, einen Paradigmenwechsel auszulösen und für tiefgreifende Veränderungen in vielen Bereichen der Wirtschaft zu sorgen.
Videos zur Funktion von Quantencomputern:
Video der Konrad Adenauer Stiftung: https://bit.ly/kasvideo
Video des Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik IAF: https://bit.ly/frauenhofervideo