BIM-3D-Abrechnung
Ein Vorreiter im Straßen- und TiefbauDer technologische Fortschritt geht weiter rasant voran. Doch für ausführende Unternehmen im Straßen- und Tiefbau ist es schwieriger, neue Technologien in den Bauprozess einzubinden als für Planungsbüros. So können z.B. viele Landkreise 2D-Zeichnungen als DWG-Datei nicht prüfen, und bemaßt werden muss oftmals von Hand. Daher scheint die neue BIM-Welt noch weit entfernt zu sein.
Abrechnungsleiter Tobias Farin der Hermann Dallmann Straßen- und Tiefbau GmbH & Co. KG. ( www.dallmann-bau.de ) ist ein begeisterter Anhänger der neuen, digitalen Technologien im Bauwesen. Er lässt sich von der momentanen Situation nicht abschrecken und ist stets auf der Suche nach neuen Methoden, die Bauabrechnung zu optimieren. Da es noch keine Regelungen für die Abrechnung mit BIM gibt, heißt es für ihn, einfach zu improvisieren und vorhandene Werkzeuge zu nutzen. Denn leider funktioniert der ganzheitliche Prozess von der Planung, über die Ausführung, die Abrechnung, den Betrieb und Abbruch mangels passender Schnittstellen noch nicht.
Seit geraumer Zeit nutzt Hermann Dallmann Straßen- u. Tiefbau aus dem niedersächsischen Bramsche schon 3D-Modelle für die Kalkulation und Abrechnung. Ist doch der wichtigste Grund für die Abrechnung mit 3D-Modellen für den Abrechnungsleiter, dass sich die generierten Mengen schneller überprüfen lassen. Tobias Farin erzeugt auf Basis der 2D-Pläne – diese erhält er von den Ingenieurbüros als DWG-Datei –, im „isl-baustellenmanager“ 3D-Modelle für Kanäle, Oberflächen und Bodenberechnungen. Tobias Farin erläutert: „Die 3D-Abrechnungsmodelle sind die logische Weiterentwicklung der bisherigen Bauabrechnung. Die Flächen werden einfach noch mit einer Dicke angereichert. Für den Schotter sind im Leistungsverzeichnis meistens Dicken vorgegeben oder sie wird aus einem Soll/Ist-Vergleich mit dem gelieferten Material berechnet.“
Befliegung mit der hauseigenen Drohne
Die meisten Baustellen befliegt das Straßen- und Tiefbauunternehmer mit der hauseigenen Drohne. Fotos des Urzustandes und/oder des Neuzustandes sind in den 2D-Zeichnungen hinter den Abrechnungsobjekten hinterlegt. Damit ist für den Auftraggeber ersichtlich, ob das Unternehmen die Flächen und Linien korrekt abgerechnet hat. Und der Straßen- und Tiefbauer kann nicht nur die Abrechnungsmodelle plastisch darstellen, sondern auch aus den Aufnahmen der Befliegungen 3D-Scans erzeugen. Diese beiden Modelle werden dann miteinander verknüpft.
Die Möglichkeit Objekte mit weiteren Informationen zu verknüpfen, ist ein großer Vorteil. Dazu setzt Dallmann das Analyse- und Informationssystem „Desite MD“ ein. Dieses erleichtert die Verwendung digitaler Geländemodelle und verbessert die Zusammenarbeit zwischen den Projektbeteiligten. Tobias Farin spielt in „Desite MD“ die unterschiedlichen Modelle der Kanäle und der Oberflächen aus dem „isl-baustellenmanger“ sowie auch die 3D-Mesh-Dateien aus der Befliegung ein und schiebt diese auf ein einheitliches Koordinatennetz. Anschließend verknüpft er die Objekte zusätzlich mit den relevanten Informationen. Der Abrechnungsleiter berichtet: „Mit einem Klick auf einen Hausanschluss sehen wir gleich die dazugehörigen Unterlagen wie das Aufmaß vom Polier, das Aufmaß der Kanalbefahrung oder den Bautagesbericht und die entsprechenden Fotos dazu.“ Um auch eine REB-Prüfung vorzunehmen zu können, liefert er die entsprechenden REB-Dateien gleich mit. Mit dieser Vorgehensweise muss sich keiner der Beteiligten mühsam durch viele Papier-Ordner arbeiten.
Erste Erfahrung mit Pilotprojekt gesammelt
Erste Erfahrungen mit dem Austausch und Handling von 3D-Modellen sammelt Tobias Farin mit einem Pilotprojekt. Ausgesucht hat er sich dazu eine Straßen- und Kanalsanierung mit einem Projektvolumen von ca. 1.300.000 € der Stadt Bersenbrück im Landkreis Osnabrück. Das alte Mischwasserkanalsystem wurde auf ein Regenwasser- und Schmutzwasserkanalsystem umgestellt und die Straße erneuert sowie die Gehwege verbreitert. Baubeginn war Mai 2017 und Bauende Dezember 2017.
Mit dem Ingenieurbüro Westerhaus aus Bramsche hat Tobias Farin einen erfahrenen Partner auf Auftraggeberseite, ist das innovative Ingenieurbüro doch bereit, sich auf die neue Methodik einzulassen. Und so konnte er im Juni 2018 zum ersten Mal eine Bauabrechnung komplett als 3D-Modell dem Auftraggeber übergeben. Ermöglicht wird die BIM-Bauabrechnung durch das Zusammenspiel dreier Softwaresysteme: dem „isl-baustellenmanager“ (www.isl-kocher.com), „Desite MD“ (www.ceapoint.com ) und „MWM-Libero“ (www.mwm.de), einem Programm für Aufmaß, Mengermittlung und Bauabrechnung.
Zur Auftragsvergabe erhält Dallmann vom Ingenieurbüro die Ausführungspläne in 2D als DWG-Datei und liest sie in den „isl-baustellenmanager“ ein. Aus diesem georeferenzierten Abbild der Baustelle erzeugt Tobias Farin 3D-Objekte und ermittelt die Mengen, welche er in der Datenart 11 in „MWM-Libero“ transferiert. Dort ergänzt der Abrechner die noch fehlenden Mengen für z.B. Baustelleneinrichtung und andere Pauschalpositionen. Analog des Baufortschritts aktualisiert er die Daten im „isl-baustellenmanager“ und überträgt diese jedes Mal zwecks Aufbereitung der Abrechnung nach der REB 23.003 in „MWM-Libero“. Vorteilhaft dabei ist, dass immer nur der Zuwachs per Datenart 11 an den Auftraggeber weitergegeben werden kann, so dass dieser auch nur den Zuwachs prüfen muss.
Schlussrechnung auf USB-Stick
Die Schlussrechnung erhält der Auftraggeber auf einem USB-Stick. Dieser enthält den 3D-Viewer „Desite Costum“. Mit diesem lässt sich das Modell des Neuzustandes und die damit verknüpften Dokumente wie Fotos, Aufmaße und Mengenermittlungen öffnen. Um die Prüfung möglichst einfach zu halten, hat Tobias Farin ein passendes Formular in „Desite MD“ entwickelt, welches als Oberfläche dient. Hier kann nach Objekten gesucht oder auch nach Positionen gefiltert werden.
Das Formular in „Desite MD“ bietet die Möglichkeit, einzelne Objekte wie Flächen oder Linien als richtig abzuhaken oder sie nicht zu akzeptieren. In letzterem Fall kann ein Kommentar hinterlegt werden. Allerdings sind noch keine Regelungen getroffen worden, wie z.B. Pauschalen im 3D-Modell darzustellen sind, daher gibt es eine externe REB 23.003 D11-Datei für die Schlussrechnung mit „MWM-Libero“. In dieser sind alle Positionen enthalten. Denkbar wäre es laut Tobias Farin, Pauschalen mit Platzhaltern abzurechnen. Diese werden z.B. für Schieberkappen im Neuzustand verwendet oder für die Abrechnung des Pflasterschnittes. Hier hätte ein Platzhalter z.B. einen festen Wert für die Meter Schnitt einer Pflasterfläche bekommen.
Tobias Farin hat zusammen mit dem Bonner Softwarehaus MWM Software & Beratung ein Verfahren für die Datenart 11 / X31 entwickelt. Nicht akzeptierte Objekte werden hier mit Kommentar in Abzug gestellt und in das vorhandene REB-Projekt des Ingenieurbüro Westerhaus zurückgespielt. Nicola Böhler (MS), vom Ingenieurbüro Westerhaus erläutert: „Bei der traditionellen Bauabrechnung passen oft die Aufmaße nicht zur Mengenermittlung. Vorteilhaft beim 3D-Abrechnungsmodel ist, dass alle Daten digital übertragen werden und wir die Mengen vom Unterbau durch die Modellierung besser nachvollziehen können.“
„Wir wissen alle noch nicht, wohin uns die BIM-Reise führt und wann BIM im Straßen- und Tiefbau zum Standard wird. Ich finde es allerdings wichtig, sich jetzt schon in die Technik und in die Prozesse einzuarbeiten“, meint der Abrechnungsleiter. Dallmann hat durch das Pilotprojekt wichtige Erfahrungen sammeln können, auf die das Unternehmen bei zukünftigen Projekten aufbauen kann. Tobias Farin freut sich und meint: „Wir sind glücklich, kompetente Partner wie die Softwarehäuser ISL Kocher, MWM Software & Beratung und Ceapoint an unserer Seite zu haben, die uns auf unserem BIM-Weg unterstützen.“