KI packt bei Planung und Bau kräftig mit an
Anwendungsbeispiele KI-gestützter SoftwarelösungenOb auf der Baustelle oder im Büro – Künstliche Intelligenz (KI) kann die Bauwirtschaft revolutionieren und bringt schon jetzt Tempo in arbeitsintensive Prozesse. Viele der über 130 Mitgliedsunternehmen des BVBS Bundesverband Software und Digitalisierung im Bauwesen e.V. (www.bvbs.de) nutzen KI bereits in ihren Softwarelösungen oder planen dies kurzfristig. Wie KI-gestützte Software heute in der Bauwirtschaft eingesetzt wird, zeigen die folgenden Anwendungsbeispiele von BVBS-Mitgliedsunternehmen aus den Bereichen Bauwerksplanung, Controlling, Kalkulation, Beschaffung, Baustellenplanung, GIS und Texterstellung.
Leichtere Ideenfindung in der Architektur
Die Unterstützung des kreativen Planungsprozesses ist einer der großen Vorteile des Einsatzes von KI. In der Architektur hilft beispielsweise der „AI Visualizer“ in Allplan 2025 dem Planer bei der Ideenfindung. Mit diesem Werkzeug werden Visualisierungen von Außen- und Innenansichten in Sekundenschnelle in der Cloud generiert. Die Software will Inspiration in frühen Entwurfsphasen bieten, z.B. beim Testen verschiedener Architekturstile, sowie in späteren Phasen, etwa zur Visualisierung von Möbeln und Materialien. Nutzer können nach den Angaben des Anbieters hochauflösende Bilder aus niedrigauflösenden Bildern erzeugen und im „text-only mode“ durch Texteingabe Renderings von Entwürfen und Bilder erstellen. Das Werkzeug bietet die Möglichkeit, eine bestimmte Atmosphäre im Bild zu generieren und ein spezifisches Landschafts- oder Stadtbild zu vermitteln.
Mehr Effizienz in der Tragwerksplanung
In der Tragwerksplanung sorgt der Einsatz von KI für effizientere und nachhaltigere Lösungen. So ist KI beispielsweise seit Jahren ein fester Bestandteil der Softwarelösungen von Dlubal für die Tragwerksplanung. Das Add-On „Optimierung & Kosten/CO₂-Emissionsabschätzung“ nutzt den Partikelschwarm-Algorithmus, um optimale Parameterkombinationen für Tragwerksmodelle unter verschiedenen Zielfunktionen und Randbedingungen zu finden. Durch die Simulation von Schwarmverhalten lassen sich komplexe Optimierungsaufgaben leicht lösen – etwa zur Minimierung von Kosten oder CO₂-Emissionen. In den Programmen und auf der Homepage unterstützt die KI-Assistentin „Mia“ Ingenieure bei Fragen zu Statik und Dlubal-Produkten. Sie liefert Antworten auf technische Fragen und erleichtert so den Planungsprozess.
TGA-Raumbücher und Erläuterungsberichte schneller erstellen
KI übernimmt in der TGA-Planung eine immer größere Rolle, weil sie komplexe Berechnungen automatisiert und beschleunigt. Die Softwarelösung „Zenesis“ optimiert den gesamten TGA-Workflow durch eine zentrale Datenbasis, automatisierte Prozesse und KI-gestützte Entscheidungsfindung. Wie der Anbieter hervorhebt, inte-griert sich „Zenesis“ nahtlos in CAD-Umgebungen und ermöglicht so einen standardisierten Datenaustausch zwischen Objektplanung und TGA. Durch eine Verbindung mit der Softwarelösung des Architekturbüros könne ein Raumbuch erstellt werden, das sich in Echtzeit aktualisieren lasse. „Auf Knopfdruck werden überschlägige Berechnungen für Heiz- und Kühllast, Zu- und Abluft sowie elektrische Leistung generiert. Mit dem von ‚Zenesis‘ entwickelten Fragenkatalog kann der Anwender zudem aus bereitgestellten Daten Erläuterungsberichte automatisch generieren“, erklärt der Anbieter Zenesis. Unternehmen könnten so qualitätsgesicherte Datenbanken aufbauen und Fehler reduzieren.
3D-Gebäudemodelle aus Bestandsgrundrissen automatisiert erzeugen
Bevor bestehende Gebäude (um)geplant und betrieben werden können, braucht es eine präzise Bestandserfassung. Hier hilft KI, den Aufwand bei der Digitalisierung von Bestandsdaten erheblich zu reduzieren. Mit „Hott-KI“ bietet die Hottgenroth Software AG einen KI-Dienst, der aus einem Grundrissbild ein 3D-Gebäudemodell automatisiert erstellt. „Hott-KI“ erkennt Außen- und Innenwände, Fenster und Türen mit hoher Genauigkeit durch die Verwendung einer umfangreichen Trainingsdatenbank mit bis zu 20.000 Projekten. Durch die nahtlose Integration in die Hottgenroth CAD-Anwendung „HottCAD“ können die Ergebnisse bearbeitet und verbessert werden. Die Anwendung soll als Basis für alle weiteren Planungs- und Beratungsschritte dienen und den gesamten Prozess von der Planung bis zur Fertigstellung beschleunigen.
Verbesserte Fortschrittskontrolle
Der Einsatz von KI bietet in der Baufortschrittserfassung große Vorteile. So automatisiert z. B. „oculai“ die Prozess- und Fortschrittserfassung mithilfe von Krankameras und KI. Dazu werden Kameras auf der Baustelle an einem Kranturm montiert und die KI erfasst täglich die Rohbauarbeiten, z.B. die Betonage der Decke oder das Einsetzen einer Hohlkammerwand, sowie den aktuellen Projektfortschritt. Nutzer erhalten über eine Web-App Zugriff auf den automatischen Soll-Ist-Terminplan, selbstschreibende Bautagesberichte, Aufwandswerte, Informationen zur Auslastung der Gewerke und zum Kolonnenfluss sowie auf umfangreiche Kamerafunktionen. Jedes Projekt wird von einem persönlichen Prozessberater begleitet. Wie der Anbieter betont, werden durch den Einsatz der Software der Rohbau-Takt bis zu 20 % verkürzt und der Projektverlauf automatisch detailliert dokumentiert.
Einsatz- und Routenplanung vereinfachen
Auch im Bauhandwerk kann KI für effizientere Abläufe sorgen. Die Einsatz- und Routenplanung stellt insbesondere in Betrieben ab 25 Außendienstmitarbeitern eine Herausforderung dar. Um Fahrt- und Equipmentkosten zu reduzieren, müssen Aufträge sinnvoll kombiniert und die passenden Mitarbeiter eingesetzt werden. Die Field Service Management-Software und App „mfr Deutschland“ von Simplias nutzt deshalb KI für die Einsatz- und Routenplanung. Dazu Simplias: „Die Software schlägt der Disposition die passenden Teammitglieder vor und berechnet die beste Route und Arbeitszuweisung, indem sie die Fähigkeiten der Mitarbeiter sowie die Entfernung vom Wohnort und zu anderen Kundenterminen intelligent zusammenführt.“ Diese Funktionen sollen nicht nur die Auftragsplanung beschleunigen. Sie soll auch die kurzfristige Einplanung von Not- und Krankheitsfällen abwickeln und so die Auftragserfüllung absichern, wie Simplias erklärt.
Präziser kalkulieren, beschaffen und verwalten
In der Baukalkulation kann KI-gestützte Software zeitaufwendige, wiederkehrende Aufgaben übernehmen, um die Arbeit effizienter zu gestalten. Die KI in „BRZ 365 Bautechnik“ unterstützt Kalkulatoren durch Empfehlungen von Schwerpunktpositionen, vorstrukturierte Positionen und Kalkulationsdetails sowie die automatische Kalkulation. Die Datenbasis bilden frühere Angebotskalkulationen und semantische Analysen vorhandener Texte. Darüber hinaus kann die KI bei der Suche nach Artikeln verfügbare Kataloge durchlaufen, benötigte Informationen wie Preise, Verfügbarkeiten etc. herausziehen und dem Nutzer vorschlagen. Auch die weitgehend automatische Verbuchung von eingehenden Belegen und Rechnungen, die der KI-Kontierungsassistent von „BRZ 365 Finance“ ermöglicht, soll die Arbeit erleichtern.
Die Software „Conpur“, vom gleichnamigen Unternehmen, nutzt KI in ihrer cloudbasierten Beschaffungslösung für die Bauwirtschaft. Die KI soll dazu automatisiert zeitaufwändige Prozesse optimieren, von der Ausschreibung bis zur Bestellung. „Sie analysiert Leistungsverzeichnisse, erkennt die Inhalte von Anfragen, vergleicht sie mit früheren Projekten, lernt daraus und ordnet die richtigen Produkte, Dienstleistungen und Lieferanten zu. Und: Die Inhalte von PDF-Dokumenten werden vollständig erkannt, auch bei Fotos oder Scans“, erklärt der Anbieter.
Die Bau-ERP-Lösung „MEGABAU 365“ von Network Dimensions für „Microsoft Dynamics 365 Business Central“ ist von Haus aus mit der KI-Basis „Microsoft Copilot“ ausgestattet. Ihr Funktionsumfang umfasst Chat-Prompts, Agents und generative KI-Fähigkeiten. Neben universeller Prompt-Unterstützung für Suchvorgänge bietet „MEGABAU 365“ spezifische Funktionen zur Vereinfachung repetitiver Aufgaben, wie die vorausschauende Wartungsplanung für Baumaschinen und Fahrzeuge oder Ad-hoc-Analysen beliebiger Daten per natürlicher Spracheingabe. Network Dimensions entwickelt aktuell KI-gestützte BIM-Modellinterpretationen zur automatischen Erstellung von Leistungsverzeichnissen, inklusive Kalkulationen sowie KI-gestützte Vorschläge für passende Kalkulationsstücklisten zur Angebotserstellung.
Sprachprobleme in Berichten lösen
KI kann nicht nur Kosten optimieren, sondern auch Sprachbarrieren überwinden und die Kommunikation in Bauprojekten verbessern. Das Unternehmen Label Software integriert KI für die Text- und Spracherkennung in seine Lösungen „Labelwin“ und „Label Mobile“. Mit der Integration von „ChatGPT“ soll die innerbetriebliche Kommunikation in den Handwerksunternehmen vereinfacht werden: Getippte oder diktierte Texte lassen sich dabei per KI überarbeiten und verbessern. Fehler werden korrigiert oder ganze Texte mit passenden Vorgaben von der KI selbst geschrieben, wie Label Software hervorhebt. Darüber hinaus lassen sich fremdsprachig diktierte oder geschriebene Berichte ins Deutsche übersetzen sowie Arbeitsanweisungen und Dokumentationen für Mitarbeiter mit geringen Deutschkenntnissen in jede Sprache übersetzen, betont der Anbieter.
Instandhaltungsbedarf von Infrastrukturbauwerken vorhersagen
KI zeigt ihr Potenzial auch im Infrastrukturbau. Wichtige Erkenntnisse liefert hier Geospatial Artificial Intelligence (GeoAI) – die Kombination von Geodaten mit KI. Mit der Plattform „ArcGIS“ von Esri können Anwender umfangreiche Bild- und Geodaten kombinieren und KI-gestützte Analysen durchführen. „KI-Technologien einschließlich Mustererkennung und Deep-Learning ermöglichen eine schnelle und präzise Analyse von Bildern und Daten. So können Objekte in Satelliten- oder Drohnenaufnahmen klassifiziert werden, z. B. Bäume, Straßeninfrastrukturen oder Maschinen auf Baustellen“, erklärt der Anbieter. Ein Beispiel aus Bayern illustriert den Einsatz von GeoAI: Das Bayerische Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr entwickelte ein Deep-Learning-Modell auf „ArcGIS“, um den Zustand der stark befahrenen Autobahn A70 effizient zu überwachen und Instandhaltungsbedarf vorherzusagen. Das Pilotprojekt demonstrierte, dass KI in der Lage ist, Straßenbedingungen zeitnah zu analysieren und vorherzusagen, wo erhöhter Wartungsbedarf entsteht, wie aus einer Mitteilung hervorgeht.
Fazit
Die Anwendungsbeispiele verdeutlichen, dass KI die Bauwirtschaft revolutionieren kann – von der Ideenfindung in der Architektur über optimierte Bauprozesse bis hin zur intelligenten Beschaffung. KI führt komplexe Aufgaben aus, verarbeitet große Datenmengen, leitet neue Informationen daraus ab und lernt selbständig. So beschleunigt die Technologie Abläufe, verbessert die Planungsqualität und sorgt für mehr Effizienz auf der Baustelle. Unternehmen, die KI-gestützte Softwarelösungen wie von BVBS-Mitgliedsunternehmen nutzen, sichern sich damit deutliche deutliche Wettbewerbsvorteile.