Richtlinien und Werkzeuge für die Zusammenarbeit
Mit digitalen Bauwerksmodellen können Gebäude integriert geplant, Aufgaben transparent gestaltet und Projektinformationen durchgängig genutzt werden. 3D-Modelle ermöglichen automatische Prüfungen der Planung, die Simulation des Bauprozesses und eine frühzeitige Prognose über das Verhalten eines Gebäudes.
Damit die Potentiale der BIM-Arbeitsmethode ausgeschöpft werden können, ist es nötig, die durchgehende Nutzung der BIM-Modelle bei der Zusammenarbeit der Projektbeteiligten in allen Projektphasen zu gewährleisten. Dafür muss der Einsatz von BIM für alle Beteiligten geplant, vertraglich geregelt und koordiniert umgesetzt werden. Im Folgenden werden die damit zusammenhängenden Rahmenbedingungen ebenso die technischen Anforderungen und aktuellen BIM-Standards diskutiert.
Containerbasierte Zusammenarbeit
Alle Projektbeteiligten müssen sich in technischer sowie organisatorischer Hinsicht während aller Projektphasen abstimmen. Und dies selbstverständlich effektiv. Dann entsteht daraus auch ein gezielter Einsatz von BIM und sorgt für einen erfolgreichen Projektablauf und -abschluss. Dabei können sich die Projektverantwortlichen auf nationale und internationale Richtlinien und BIMStandards berufen, in denen grundlegende Rollen, Aufgaben und Prozesse der Zusammenarbeit definiert sind.
Wesentliche Grundlagen für die Kooperation regelt die ISO 19650 („Information management using building information modelling“). Sie wurde Ende 2018 als DIN EN ISO veröffentlicht. Ihre Prinzipien wurden bereits im Stufenplan des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) für Deutschland aufgegriffen. Die ISO 19650 basiert in weiten Teilen auf der englischen PAS 192-2 zum Informationsmanagement in Planung und Bauausführung. Die containerbasierte Zusammenarbeit läuft demnach über:
Informationscontainer: In ihnen werden Fachmodelle von den Projektteilnehmern gespeichert.
Informationslieferketten: Hier tauschen die Projektbeteiligten die Fachmodelle aus, prüfen sie und verwenden sie weiter.
CDE bzw. gemeinsame Datenumgebung: Ein CDE (Common Data Environment) dient zum zentralen Verwalten der Informationscontainer und zum Koordinieren der Lieferprozesse.
Die internationale BIM-Standardisierung wird durch nationale Richtlinien ergänzt. Für Deutschland sind dies insbesondere die VDI-Richtlinie 2552 „Building Information Modeling“ sowie einzelne DIN-Normen.
So gelingt die Organisation von BIM-Prozessen
Ausgangspunkt für die Gestaltung der containerbasierten Zusammenarbeit sind die Lieferprozesse für Informationen. Hierbei wird geregelt, welche Projektteilnehmer welche Modelle und Dokumente wann und in welcher Qualität und Struktur an wen liefern müssen. Die ISO 19650 bietet hierfür Planungsinstrumente, wie beispielsweise Exchange Information Requirements (EIR – entspricht der Deutschen AIA), BIM Execution Plan (BEP– entspricht dem Deutschen BAP) und Master Information Delivery Plan (MIDP). Die VDI 2552 greift diese detailliert in ihren Blättern 7 und 10 auf.
Was bedeutet dies für die Praxis?
Zuerst müssen bei BIM-Projekten Organisationsstrukturen im Projektmanagement festgelegt werden. Sprich projektspezifische Ziele für BIM und die sich daraus ergebenden Anforderungen an einzelne Teilnehmer müssen vertraglich vereinbart werden. Zusätzlich zu den Prozessen, Rollen und erforderlichen Leistungen und Informationen werden dabei auch BIM-Anwendungsfälle und die nötige IT-Infrastruktur betrachtet. Als zentrales Dokument hat sich hierfür der BAP etabliert, das alle Vereinbarungen für die Projektteilnehmer zusammenfasst.
Außerdem gehören die Regeln für den Datenaustausch und die Kommunikation zur IT-Infrastruktur. Sie definiert einerseits Softwareversionen, offene und proprietäre Datenformate (wie IFC 2x3, SMC) sowie Modellierungsrichtlinien und andererseits Festlegungen bezüglich Ablagestrukturen, Zugriffsrechte und Workflows für die Verwaltung, Verteilung und Qualitätssicherung der Projektinformation in der gemeinsamen Datenumgebung, einem CDE.
CDE: Informationsmanagement einfach gemacht
Durch die Nutzung einer cloudbasierten gemeinsamen Datenumgebung (CDE) ist die sichere Verwaltung sämtlicher Projektinformationen und die effiziente Kommunikation unter allen Beteiligten gewährleistet. Für das Projektmanagement können im CDE zahlreiche Workflows, wie Planprüfung, Rechnungsfreigaben oder Mängelmanagement, einfach eingerichtet werden. Des Weiteren tragen mobile Apps und Analysedienste dazu bei, dass Projektinformationen auf der Baustelle effizient erfasst und ausgewertet werden.
Alle Projektinformationen im CDE werden in Containern mit zusätzlichen Angaben zu Autoren, Inhalten, Aufgaben, Status und Versionshistorie gespeichert. Die wichtigsten Container in der Zusammenarbeit sind:
Teilmodelle: BIM-Modelle von einzelnen Gewerken oder Teilprojekten,
Koordinationsmodelle: Kombinationen mehrerer, zusammengehörender Teilmodelle,
3D-Maker: Markierungen mit Kommentaren im Teil- oder Koordinationsmodell,
Projektdokumente: Pläne, Verträge, Berichte, Protokolle und Fotos, strukturierte Leistungsverzeichnisse, Kosten, Terminpläne und Weiteres.
Die BIM-Standards ISO 19650 und DIN SPEC 91391 definieren Klassifikationen für das einheitliche Verschlagworten von Teilmodellen sowie einfache Prüfworkflows. In der Praxis müssen diese meist erweitert und angepasst werden, denn in vielen Bauprojekten bestehen bereits Klassifikationen für die jeweiligen Fachbereiche und Workflows für die Planprüfung oder VOB-Kommunikation. In die Prüfprozesse sollten darüber hinaus auch Koordinationsmodelle und 3D-Marker integriert werden. Diese können in der CDE oder auch in externer BIM-Software (z.B. „Desite“, „Navisworks“, „Solibri“) und im BIM Collaboration Format (BCF) erstellt werden.
BIM wird für die Praxis realisierbar
Wer mit BIM seine Bauprojekte verwirklicht, ermöglicht idealerweise eine schlanke, datengestützte und transparente Projektabwicklung sowie eine integrierte Prozesskette ohne Informationsbrüche über den kompletten Lebenszyklus eines Gebäudes hinweg. Dies gelingt allerdings nur, wenn sich alle Beteiligten an die vereinbarten Inhalte und Abläufe halten und das Projekt über ein geregeltes Informationsmanagement verfügt.
Wie dies genau auszusehen hat, um das Potential von BIM über Projekte und Grenzen hinweg noch besser ausreizen zu können, regeln nun Standards wie die ISO 19650. Solche Regelwerke sind wichtig und sinnvoll, damit eine einheitliche Sprache für das Informationsmanagement vorherrscht. Auf diese Weise wird BIM für die Praxis realisierbar – und erfolgreich.
Beispielsweise weiß der Auftragnehmer, sei er Planer, Bauunternehmer oder ein Nachunternehmer, durch diese Festlegungen genau, was er wann und in welchem Umfang liefern muss, und kann so in seiner Preisbindung sehr viel konkreter arbeiten.
Um in eine solche abgestimmte, modellbasierte Arbeitsweise auch tatsächlich hineinwachsen zu können, ist das Verständnis aller Projektarbeiter für BIM und BIM-Collaboration essentiell.
Weitere Herausforderungen sind die zusätzlichen, zwingend erforderlichen Investitionen in die dafür notwendige IT-Infrastruktur, der Aufbau des entsprechenden Know-hows sowie das Schaffen der dazugehörigen Strukturen.